Co-Crafting im Handwerk: Das sind die Vorteile

Co-Working-Spaces gibt es nicht nur für Menschen mit Laptops. Auch im Handwerk lassen sie Synergien zwischen Branchen und neue Netzwerke entstehen. Vom geteilten Werkzeug bis zum gemeinsamen Urlaub: Der Handwerkerhof Ottensen zeigt, wie Co-Crafting funktioniert.

Vor über zehn Jahren taten sich im Hamburger Stadtteil Ottensen 15 Einzelpersonen und Unternehmen zusammen, weil sich die Lage im Handwerk zunehmend verschlechterte, unter anderem wegen steigender Mieten: Von den einst vielen kleinen Betrieben verschwand einer nach dem anderen. „Es gab einen hohen Verdrängungsdruck hier – und wir suchten eine Alternative mit Zukunftsperspektive“, sagt Hans von Bülow, Geschäftsführer der HBE Hansa Bauberatung.

Die fanden er und die anderen Handwerkerinnen und Handwerker in Form eines Grundstücks der Stadt, das zum Verkauf stand. Sie griffen zu, gründeten einen Verein und begannen, das heutige Gebäude zu bauen – die Geburtsstunde des Handwerkerhofs Ottensen. Im Vordergrund stand von Anfang an eine kollektive Idee: ein geteilter Hof, auf dem alle Parteien arbeiten können, mit einem Netzwerk, das lebendig und solidarisch den unternehmerischen Alltag bereichert. Wie das Gebäude aussehen sollte, wurde gemeinsam geplant und realisiert.

Co-Crafting spart Kosten

Die Vorteile lagen für alle Beteiligten klar auf der Hand – und sie befruchten das Konzept bis heute: „Es gibt viele Synergien, gegenseitige Unterstützung“, sagt von Bülow. Finanziell macht die Gemeinschaft den Mietern das Leben etwas leichter: Durch die gemeinsame Verwaltung werden die Betriebskosten niedrig gehalten. Geteilt werden Gemeinschaftsraum, Küche, ein Sozialraum, der Sanitärbereich und der große Lastenfahrstuhl. Und teilweise werden sogar Werkzeuge gemeinsam genutzt: In der Tischlerei wirken drei Einzelbetreiber zusammen.

„Ansonsten greifen bei uns vor allem die Synergien der Zuarbeit“, erklärt von Bülow. So arbeitet die Tischlerei mit den Innenausstattern zusammen oder mit der Möbelrestaurierung. Es kommt auch immer wieder vor, dass sich verschiedene Betriebe zusammentun, um einen Auftrag zu bearbeiten – weil einer etwas kann, das der andere nicht kann.

Gelebte Gemeinschaft mit Zukunft

Ein weiterer Vorteil ist die zentrale Lage im Stadtteil Ottensen: Sie hat den Hof bekannt gemacht. „Es kam Laufkundschaft dazu, der Hof ist eine Marke geworden“, sagt von Bülow. Wichtig ist dem Geschäftsführer der HBE Hansa Bauberatung, dass der Handwerkerhof ein langfristiges Projekt ist: „Wir folgen dem sogenannten Ewigkeitsgedanken, indem wir über die Konstellation im Mietshäuser-Syndikat die Unverkäuflichkeit des Hofes gesichert haben“, sagt er. Heißt: Die Mieten auf dem Hof sind reine Kostenmieten, keiner verdient daran. „Somit steht der Hof auch zukünftigen Generationen ohne hohe Investitionen zur Verfügung“, sagt von Bülow.

Die Gemeinschaft prägt den Arbeitsalltag und manchmal auch das Leben darüber hinaus: Neben zufälligen alltäglichen Begegnungen gibt es alle zwei bis drei Wochen ein Treffen zum Besprechen notwendiger Themen. Und es gibt gemeinsame Aktivitäten: Einmal pro Jahr feiern alle zusammen ein Sommerfest, und einmal im Jahr fahren alle gemeinsam für ein Wochenende aufs Land.

Mit gutem Beispiel voran: Andere Ansätze des Co-Craftings

Dass solche Modelle gut laufen, ist auch andernorts angekommen. Zwar unterscheiden sich die Konzepte von dem des Handwerkerhofs Ottensen, aber auch dort geht es um Co-Crafting – ein moderner Begriff für geteilte Arbeitsfläche im Handwerk. Ebenfalls am Standort Hamburg stellt die Stadt zum Beispiel in der „Meistermeile“ günstige Flächen für Handwerker zur Verfügung. Dort starten die Mieten bei 8,20 Euro pro Quadratmeter zuzüglich Betriebskosten. Lagerfläche kostet 3,80 Euro pro Quadratmeter.

Und selbst Immobilienfirmen sind auf den Zug aufgesprungen: Unter dem Namen „Handwerkerhöfe“ hat die Hamburger Immobilienfirma De Waal Partners zwei Gebäude im Hamburger Umland gebaut, in denen Arbeitsflächen ab 50 Quadratmetern angemietet werden können. „Die Handwerkerhöfe sollen dem Trend des Wegzugs des Handwerks aus den Städten entgegenwirken und diese wieder an Orten ansiedeln, an denen sie benötigt und geschätzt werden“, heißt es aus dem Unternehmen. Es scheint gut zu laufen: Aktuell sucht das Team bereits nach Grundstücken für neue Höfe. Im Gegensatz zu dem Ansatz in Ottensen muss man hier jedoch damit rechnen, dass sehr wohl jemand an den Mieten verdienen möchte.

Apropos Sharing & Coworking: Warum es sich lohnt, Werkzeuge zu mieten statt zu kaufen, können Sie hier nachlesen: https://blog.mewa.de/leihen-loslegen-darum-sollte-man-werkzeug-mieten/

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