Recycling im Wandel: Früher Abfall, heute Wertstoff

Deutschland ist Recyclingnation. Was früher weggeworfen wurde, wird heute recycelt – und wiederverwendet. So entstehen immer wieder innovative Ideen für neue Materialien, Techniken und Produkte, die aus unseren Abfällen hergestellt werden.

Ob Altpapier, Glas, Plastik- oder Biomüll – Deutschland recycelt, von Jahr zu Jahr mehr. Abfälle sind also keinesfalls wertlos. Im Gegenteil: Recycling bedeutet, aus anfallendem Müll Rohstoffe zu gewinnen, aus denen wiederum neue Produkte entstehen können. Im besten Fall kann man Abfälle sogar mehrfach recyceln und damit die Umwelt, das Klima und Ressourcen schonen.

Die Geschichte des Recyclings in Deutschland

Doch ein Recycling-System in Deutschland gibt es noch nicht so lange. Vor dem Wirtschaftsboom der 1960er Jahre war das auch nicht unbedingt nötig: Da Waren meist unverpackt in Tante-Emma-Läden oder direkt vom Hof gekauft wurden, fiel der größte Teil des heutigen Hausmülls – der Verpackungsmüll – gar nicht an. Erst mit der Entstehung von großen Supermärkten, dem gesteigerten Konsumverhalten und der Einführung vom Warenversand häufte sich schließlich der Abfall. Vor dem Wirtschaftsaufschwung war es Menschen auch aus Kostengründen nicht möglich, Dinge einfach wegzuwerfen – vieles wurde auch früher schon wiederverwendet.

Ende der 1970er Jahre wurden aufgrund der gestiegenen Abfallmengen erste Schritte zur Mülltrennung eingeleitet: Altglas- und Altpapiercontainer wurden eingeführt, um die wertvollen Rohstoffe Glas und Papier aufbereiten und wiederverwenden zu können. Um dem stetig wachsenden Verpackungsmüll gerecht zu werden, entstand in den 1990er Jahren das Duale System. Seitdem wird deutschlandweit – regional unterschiedlich – der Hausmüll getrennt. Seit Mitte der 2010er Jahre kann nun auch die Energie aus Bioabfällen mithilfe von Biogasanlagen genutzt werden, unterstützt wurde die Entwicklung durch die Einführung der Biotonne.

Auch in Zukunft wird Recycling Geschichte schreiben. Denn immer wieder entstehen neue Formen der Wiederverwendung – und damit auch neue Produkte wie zum Beispiel die folgenden drei, die Konzepte der Verwertung neu denken und zeigen, wie das Recycling von Morgen aussehen könnte.

Mehrwelt: Ein Pfandsystem für Verpackungen

Verpackungsmüll ist dauerpräsent in unserem Alltag: Waren es 2012 noch 16,6 Millionen Tonnen, fielen laut Umweltbundesamt 2019 bereits 18,9 Millionen Tonnen davon an. Gerade in Supermärkten sind Produkte teilweise doppelt und dreifach verpackt. Da Loseläden in vielen Städten Mangelware sind, entwickelte das Unternehmen Mehrwelt kurzerhand innovative Lebensmittelverpackungen für Supermärkte, die unendlich oft wiederverwendbar sind. Ihre Lösung: Lebensmittel in Pfandgläsern. Die Glasverpackungen sind an allen gängigen Pfandautomaten registriert und können so ganz einfach zurückgegeben und daraufhin bis zu 50 Mal neu befüllt werden, bevor sie zum ersten Mal eingeschmolzen werden müssen. Wurde Glas in den 1970ern noch weggeworfen, stellt es heute eine nutzerfreundliche, ressourcenschonende und energiesparende Verpackungslösung dar, da es leicht und unendlich oft zu recyceln ist.

Ein Pfandsystem für Verpackungen ©Mehrwelt

Vom Bioabfall zum Sneaker: Leder aus Orangenschalen

Was bis vor Kurzem noch auf dem Kompost landete und seit Jahren vor allem in der Lebensmittelproduktion tonnenweise als Abfallprodukt anfällt, könnte morgen schon in einem Schuhschrank stehen: Die Rede ist von Bioabfall, speziell von Orangenschalen. Elise Esser, Masterstudentin an der Hochschule Niederrhein, hat aus dem Abfallprodukt innerhalb eines Projekts Orangenleder hergestellt – und damit ein neues Material erfunden. Im Herstellungsprozess wurden die Orangenschalen bei der Entwicklung mit einer kleinen Menge Biopolymeren zusammengefügt. Das macht die Schalen stabiler. Das fertige Produkt kann zu 100 Prozent kompostiert werden – und ist flexibel in der Anwendung. Als Beispiel fertigte Esser einen Sneaker aus dem Orangenleder an. Eine nachhaltige Alternative für die Zukunft, die laut Esser in vielen Bereichen Anwendung finden könnte – so zum Beispiel im Mode- und Interieurdesign.

Vom Bioabfall zum Sneaker: Leder aus Orangenschalen ©Elise Esser

Hausbau mit PET: Aus Kunststoff wird Baustoff

453.000 Tonnen PET-Flaschen – diese große Menge Abfall fiel in Deutschland allein 2020 an. Mit 94 Prozent ist die Recyclingquote des Materials relativ hoch. Trotzdem bestünden neu produzierte PET-Flaschen bislang nur zu 30 Prozent aus Rezyklat, gibt eine Studie der Gesellschaft für Verpackungsmarktforschung aus dem Jahr 2020 zu bedenken. Wie das Material in Zukunft noch effizienter eingesetzt werden könnte, zeigt das Unternehmen Eco Inclusión in Kooperation mit dem argentinischen Forschungsinstitut CONICET, das aus den alten Kunststoffflaschen Öko-Ziegelsteine herstellt. Dazu zerkleinern sie die Flaschen im ersten Schritt, vermischen das Kunststoffgranulat daraufhin mit Zement und pressen die Ziegel in Form. Mit 1,5 Kilogramm ist der PET-Ziegel nicht nur ein Kilogramm leichter als herkömmliche Ziegelsteine – er dämmt auch fünfmal so gut. Hinsichtlich der rarer werdenden Baustoffe also auch eine gute Möglichkeit, zukünftig nachhaltiger und ressourcenschonender zu bauen.

Hausbau mit PET: Aus Kunststoff wird Baustoff ©Fundación Ecoinclusión Alta Gracia, Córdoba

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